Übersicht über das Forschungsprojekt
Persönlichkeitspsychologen interessieren sich dafür, was eine Person von einer anderen unterscheidet und warum wir uns so verhalten, wie wir es tun. Die Persönlichkeitsforschung, wie jede Wissenschaft, basiert auf quantifizierbaren, konkreten Daten, die genutzt werden können, um zu untersuchen, wie Menschen sind. Hier spielt das Modell der Big Five eine wichtige Rolle. (Wenn du neugierig auf deine eigenen Big-Five-Persönlichkeitsmerkmale bist, kannst du den Big-Five-Persönlichkeitstest auf dieser Website kostenlos machen.)
Das Big-Five-Modell wurde ursprünglich in den 1970er Jahren von zwei unabhängigen Forschungsteams entwickelt: Paul Costa und Robert McCrae am National Institutes of Health sowie Warren Norman an der University of Michigan/Lewis Goldberg an der University of Oregon. Diese Forscher verfolgten leicht unterschiedliche Ansätze, kamen aber zu den gleichen Ergebnissen: Die meisten menschlichen Persönlichkeitsmerkmale lassen sich auf fünf breite Dimensionen der Persönlichkeit reduzieren, unabhängig von Sprache oder Kultur. Diese fünf Dimensionen wurden durch das Befragen von Tausenden von Menschen mit Hunderten von Fragen und die anschließende Analyse der Daten mit einem statistischen Verfahren namens Faktorenanalyse abgeleitet. Wichtig ist zu verstehen, dass die Forscher nicht gezielt nach fünf Dimensionen gesucht haben, sondern dass diese fünf Dimensionen aus ihren Analysen der Daten hervorgegangen sind. In wissenschaftlichen Kreisen ist das Big-Five-Modell heute das am weitesten akzeptierte und genutzte Persönlichkeitsmodell (obwohl natürlich viele andere Systeme in der Populärpsychologie und in Arbeitskontexten verwendet werden; z. B. der MBTI).
In den letzten Jahrzehnten haben wir das Big-Five-Modell genutzt, um die Persönlichkeit zu untersuchen – sowohl in Bezug auf ihre Veränderungen im Laufe der Zeit als auch auf ihre Beziehung zu anderen Variablen (wie Selbstwertgefühl, Bleiexposition in der Kindheit und sogar Hunde- vs. Katzenliebhaber). In dieser Zeit haben wir Persönlichkeitsdaten von buchstäblich Millionen von Menschen aus der ganzen Welt gesammelt.
Die Analysen der Daten haben eine Reihe interessanter Erkenntnisse über die Persönlichkeit offenbart und uns ermöglicht, einige Hauptmuster in unseren Persönlichkeiten zu identifizieren. Zum Beispiel, im Gegensatz zu der damals vorherrschenden Ansicht, legen unsere Ergebnisse nahe, dass die Persönlichkeit nicht mit 30 Jahren „wie in Gips gesetzt“ ist; stattdessen verändert sich die Persönlichkeit im Laufe des Lebens weiter, wobei z. B. Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit im Erwachsenenalter zunehmen.
Wir möchten betonen, dass wir hier von Verallgemeinerungen sprechen, und diese Verallgemeinerungen gelten nicht für alle Menschen. Um dies zu veranschaulichen, betrachte die Verallgemeinerung, dass Männer im Allgemeinen größer sind als Frauen. Das bedeutet nicht, dass jeder Mann größer ist als jede Frau. Vielmehr bedeutet es, dass Männer im Durchschnitt größer sind als Frauen. Diese Logik gilt auch für Forschungsergebnisse über die Persönlichkeit. Auch wenn Menschen im Durchschnitt mit zunehmendem Alter gewissenhafter werden, folgt nicht jeder diesem Muster.
FAQs über diese Big Five Seite
1. Worauf basiert die Rückmeldung?
Die Rückmeldungen, die Sie hier erhalten beruhen auf statistischen Analysen von Persönlichkeitsdaten, die an über 10.000 Menschen erhoben wurden. Die Ergebnisse beruhen niemals auf unseren Intuitionen oder Theorien über Persönlichkeit. Kurz gesagt: Die Rückmeldung erfolgt einzig aufgrund der von uns gesammelten Daten.
2. Warum unterscheidet sich die hier gegebene Rueckmeldung manchmal sehr davon, wie ich mich selber sehe?
Die Rückmeldung soll keinesfalls andeuten, dass jeder, der eine hohe Punktzahl bei Extraversion (oder einer anderen Eigenschaft) erzielt, genau so ist, wie in unserer Beschreibung. Wie oben beschrieben basieren die Rückmeldungen auf Generalisierungen aus unserer Forschungsarbeit und den Forschungen anderer Wissenschaftler in dem Bereich. Es lässt sich nicht vermeiden, dass einzelne Personen nicht mit diesen Verallgemeinerungen übereinstimmen. Wenn Sie sich von der Rückmeldung schlecht beschrieben fühlen, könnte dies ein Grund dafür sein.
3. Woher kommen die Persönlichkeitsfragen?
Die Fragen entstammen unserer Forschung und der Forschung anderer Wissenschaftler in den Bereichen Persönlichkeit, Lebensstil, Werte und Einstellungen. Die Big Five Fragen, die auf dieser Seite benutzt werden, stammen aus dem Big Five Inventory-2 (BFI-2), das von Christopher J. Soto (Colby College) und Oliver John (University of California, Berkeley) entwickelt wurde. Die meisten anderen Fragen wurden von Forschern zusammengestellt, die gerade verschiedene Hypothesen über die menschliche Persönlichkeit untersuchen.
4. Warum ist die Rückmeldung manchmal widersprüchlich?
Manchmal erhalten Untersuchungsteilnehmner Rückmeldungen, die widersprüchlich erscheinen. Dies beruht darauf, dass Verallgemeinerungen vorgenommen werden müssen. Die generellen Trends aus Untersuchungen an einer Vielzahl von Personen können recht häufig einzelne Personen nicht genau beschreiben. Jedoch treffen unsere Generalisierungen auf die Mehrzahl der Personen zu.
5. Warum gab es Fragen zum Wohnort?
Unser Forschungsinteresse bezieht sich auch auf regionale Persönlichkeitsunterschiede. Einige unserer Studien legen nahe, dass Menschen, die in unterschiedlichen Teilen der Vereinigten Staaten leben, unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Um diesen Unterschieden auf den Grund zu gehen, haben wir den Zusammenhang zwischen der typischen Persönlichkeit einer Region und verschiedenen Merkmalen dieser Umweltregion untersucht. So konnten wir zum Beispiel feststellen, dass die typische Persönlichkeit in einem Staat abhängt von der Niederschlagsrate (wo die Niederschlagsrate größer ist, gibt es auch höhere Durschnittswerte in Neurotizismus), der Bevölkerungsdichte (dichter bevölkerte Gegenden stehen in Verbindung mit größerer Offenheit und geringerer Umgänglichkeit), ethnischer Vielfalt (hängt mit höherer Offenheit zusammen) und einer Vielzahl weiterer Faktoren, vom Wählerverhalten bis hin zu Gesundheit und Sterblichkeit. Die Frage, die sich stellt ist, ob die Umwelt die Persönlichkeit formt, oder ob sich Menschen solche Umgebungen aussuchen, die zu ihrer Persönlichkeit passen, oder ob es eine dritte Variable gibt, die sowohl die Persönlichkeit als auch die Umwelt beeinflusst. Es könnte sein, dass Menschen die hohe Werte für Offenheit erzielen, in dicht bevölkerte, ethnisch vielfältige Gebiete ziehen. Oder es wäre denkbar, dass Menschen, die in dicht besiedelten, kulturell bunt gemischten Gegenden leben, dadurch offener werden. Wir fragen also nach dem Geburtsort, dem Wohnort und der Zeit, die Sie dort jeweils gelebt haben, um diesen Wirkzusammenhang zwischen Umwelt und Persönlichkeit zu untersuchen.
Wir fragen die Teilnehmer danach, wie gerne sie in einer bestimmten Region leben, weil wir uns dafür interesieren, ob sich Menschen in Umgebungen wohler fühlen, die "die gleiche Persönlichkeit" haben wie sie. Wenn jemand zum Beispiel offen für Neues und barsch/kritisch ist, würde er oder sie sich da wohl fühlen, wo der durchschnittliche Bewohner ebenfalls offen und kritischh ist, oder dort wo die Menschen im Durchschnitt wenig offen und umgänglich sind? Diese Idee beruht auf der Forschungstradition zur Person-Umwelt-Passung, die darauf hinweist, dass Menschen sich solche Umwelten aussuchen und gestalten, die ihre Veranlagungen und ihr Selbstbild widerspiegeln und verstärken. Passung zwischen Person und Umwelt steht in Bezug mit vielen Gesundheitskonsequenzen, sowohl körperlich wie mental.
6. Wo kann ich noch mehr über die Big Five erfahren? Internetseiten in englischer Sprache?
- Lesen Sie einige der Forschungspapiere, die mit den Daten dieser Seite veröffentlicht wurden.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Five_(Psychologie): Eine detaillierte Übersicht über das Big-Five-Modell.
- http://www.personalityresearch.org/: Dies bietet eine zugängliche Übersicht über das wissenschaftliche Feld der Persönlichkeitsforschung.
- http://webspace.ship.edu/cgboer/perscontents.html (In English) Ein Online-Lehrbuch, das einen grundlegenden Hintergrund zur Persönlichkeitspsychologie vermittelt.
- https://gosling.psy.utexas.edu/: (In English) Homepage eines Forschers unseres Teams mit weiteren Informationen und Ergebnissen aus Studien, die mit den Daten dieser Seite durchgeführt wurden.
Wer schließlich daran interessiert ist, die Big Five noch besser zu verstehen, sei auf die folgenden zwei Literaturangaben verwiesen:
- John, O.P., & Srivastava, S. (1999). The Big Five trait taxonomy: History, measurement, and theoretical perspectives. In L.A. Pervin & O.P. John (Hrsg.), Handbook of personality: Theory and research (S. 102-138). New York: Guilford Press.
- Soto, C.J., & John, O.P. (2017). The next Big Five Inventory (BFI-2): Developing and assessing a hierarchical model with 15 facets to enhance bandwidth, fidelity, and predictive power. Journal of Personality and Social Psychology, 113, 117-143.